Die Kinder des Todes - Inspector Rebus 14

Originaltitel: A Question of Blood

Ein blutiger Amoklauf in der örtlichen Schule erschüttert das Küstenstädtchen South Queensferry. Die Suche nach den Hintergründen der Tat führt Inspector Rebus in das Herz einer kleinen Gemeinschaft und ihrer verlorenen Kinder – und in seine eigene Vergangenheit beim Special Air Service. Denn bei dem Schützen handelt es sich um den früheren Elitesoldaten Lee Herdman. Was hat ihn zu seiner schrecklichen Tat getrieben? Je näher Rebus der Wahrheit kommt, desto dunkler wird der Abgrund, der sich vor ihm auftut …

Vorwort zu
„A Question of Blood (Die Kinder des Todes)“

Wenn man gewissermaßen in Echtzeit über eine reale Stadt schreibt, besteht eine Herausforderung darin, Veränderungen zu berücksichtigen. So war es zum Beispiel für mich unmöglich, kein Buch über das neue Scottish Parliament Building zu schreiben. Das Resultat war Set In Darkness (Der kalte Hauch der Nacht). Ähnlich war es, als ich mit der ersten Fassung von A Question of Blood zur Hälfte durch war. Damals schrieb mir ein befreundeter Detective eine SMS: „St. Leonard´s hat kein CID mehr. Ha ha ha.“ Er wusste, dass ich Rebus auf eine andere Wache würde versetzen müssen, damit die paar Dutzend eingeweihter Leser in Edinburgh mir nicht vorwerfen konnten, es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. Das erklärt, warum A Question of Blood „dem CID von St. Leonard’s“ gewidmet ist – „In Memoriam“: Es war das letzte meiner Bücher, das dort spielte.

Den Impuls zu A Question of Blood lieferte mir ein weiblicher Fan bei einer Veranstaltung. Sie fragte mich, warum in meinen Büchern nie von Edinburghs Privatschulen die Rede sei. Rund ein Viertel aller Oberschüler der Stadt besuchen derartige Schulen – ein viel höherer Prozentsatz als in jeder anderen Stadt in Schottland (und vielleicht sogar in ganz Großbritannien). Ich habe es mir an dem Abend leicht gemacht. Ich glaube, ich sagte, ich wüsste nichts über solche Schulen und könnte deswegen auch nicht über sie schreiben. Aber das Thema ließ mich nicht mehr los. In den Rebus-Romanen habe ich mich immer auch mit der zwiespältigen Identität Edinburghs, mit der Jekyll-und-Hyde-Natur dieser Stadt auseinandergesetzt. Die Privatschulerziehung ist ein wichtiger Aspekt dessen, was die Stadt ausmacht, aber sie ist keineswegs unumstritten. Ich hatte mir schon vorgenommen, in meinem nächsten Buch das Motiv des Außenseiters zu behandeln. Rebus ist natürlich der ewige Außenseiter, unfähig, als Teil eines Teams zu arbeiten. Bei meinen regelmäßigen Plattenkauf-Exkursionen in die Cockburn Street kam ich außerdem immer wieder mit Teenagern in Berührung, die auf Goth gestylt waren. Sie erinnerten mich daran, wie ich mir früher selbst einmal gewünscht hatte, von der Gesellschaft als Außenseiter betrachtet zu werden: Sie liefen als Goths durch die Gegend; ich war Punk gewesen.

Da ich Rebus eine Vergangenheit als Berufssoldat angedichtet hatte, war ich stets an neuen Storys über das Militär interessiert (einschließlich einer kurzen Meldung über einen Hubschrauberabsturz vor der schottischen Küste) und hatte unter anderem ein Dossier über die psychischen Auswirkungen von Kampfeinsätzen auf Soldaten zusammengestellt. Wenn Soldaten aus der Armee ausscheiden, haben sie vielfach Schwierigkeiten damit, sich wieder in das Zivilleben einzufügen. Sie werden zu Hause aggressiv, greifen zur Flasche und enden als Obdachlose. Mit anderen Worten: Sie bleiben Außenseiter. Ich dachte, es könnte interessant sein, eine Geschichte zu finden, in der sich diese verschiedenen Stränge verbinden, und eine Schießerei in einer Privatschule erschien mir als perfekte Lösung. Ich verlegte die Handlung von Edinburgh nach South Queensferry, teils damit keine echte Schule auf die Idee kam, ich hätte sie als Vorbild für die Port Edgar Academy benutzt, und teils weil es mich interessierte, wie sich solch ein erschütterndes Verbrechen auf eine kleine, eng vernetzte Gemeinschaft auswirkte. Wie wir erfahren, wurde Rebus nach dem Bombenanschlag im Jahr 1988 nach Lockerbie geschickt, und er spricht von der „stillen Würde“ des kleinen Ortes. Natürlich dachte ich während meiner Recherchen auch an das Blutbad an der Grundschule von Dunblane im Jahr 1996, aber ich wollte kein „Dunblane-Buch“ schreiben. Mich beschäftigte vielmehr die Frage, warum derartige Gräueltaten überhaupt in einer scheinbar zivilisierten Gesellschaft passieren.

Als ich mit der Planung des Buches begann, steckte ich mitten in den Dreharbeiten zu einem dreiteiligen Dokumentarfilm über „das Böse“ für den TV-Sender Channel 4. Die Gedanken, die mich im Zusammenhang mit dieser Miniserie beschäftigten, haben auch die Entstehung von A Question of Blood geprägt. Ich interviewte Neurologen und Psychiater, Uni-Dozenten und Anwälte, Kriminologen und Mörder und sogar einen freundlichen Exorzisten. Diese Miniserie war der Versuch, drei fundamentale Fragen zu beantworten: Was verstehen wir unter dem Begriff „das Böse“? Woher kommt das Böse? Und wie können wir ihm begegnen? Die verschiedenen Antworten, die ich im Lauf meiner Reisen erhielt, bildeten auch das „moralische Rückgrat“ des Romans. Mein Notizbuch von damals enthält neben Passagen zu Auschwitz und dem augustinischen Lösungsweg zum Problem der Theodizee auch mögliche Handlungsverläufe für A Question of Blood. Von Anfang an stand mir die doppelte Bedeutung des Titels klar vor Augen: „Blut“ nicht nur als der Lebenssaft, sondern auch im übertragenen Sinne – als Zeichen für Verwandtschaft: Blut ist dicker als Wasser.

Falls Ihnen das alles eine Spur zu trostlos und gut gemeint vorkommt, kann ich Sie beruhigen: Es hat mir großen Spaß gemacht, A Question of Blood zu schreiben, und ich glaube, es macht ebenso viel Spaß, es zu lesen. Seit einigen Büchern versteigere ich immer wieder „Auftrittsrechte“ zugunsten verschiedener Wohltätigkeitsorganisationen, und A Question of Blood enthält einige meiner Lieblings-Gastauftritte. Zum Beispiel kommt in dem Buch einzig deswegen ein Kater namens Boethius vor, weil dessen Besitzer für die Erwähnung bezahlt hat. Er hat mir sogar Fotos und eine kurze Biographie von Boethius geschickt, damit ich nichts Falsches über das liebe Tier schrieb. Außerdem hatte sich auch ein Polizeibeamter aus Edinburgh das Recht ersteigert, in dem Buch vorzukommen. Kein Problem, dachte ich, bis ich erfuhr, dass er Australier und Doktor der Astronomie (oder etwas Ähnlichem) war. Er heißt Brendan Innes und tritt im Buch auch als Polizist auf; seine Nationalität und seine akademischen Titel bleiben allerdings unerwähnt: Wie ich ihm erklärte, ist die Fiktion anders als die Wirklichkeit einer gewissen Glaubwürdigkeit verpflichtet!

Es kommt auch eine Gestalt namens Peacock Johnson vor. Auch er hatte sich das Recht erkauft, in dem Roman zu erscheinen. Ich wurde aufgefordert, mir seine Website anzuschauen, wo ich einen recht zwielichtigen Typen mit Hawaii-Hemd und dunkler Elvis-Brille sah. Aus seinem Blog ging hervor, dass sich seine Aktivitäten hart an der Grenze der Legalität bewegten. Ich schickte ihm eine E-Mail, in der ich ihm erklärte, dass er im Buch meiner Meinung nach einen guten Waffenschieber abgeben würde. Er antwortete, das wäre ihm recht – und ob ich bitte auch seinen Kumpel erwähnen könnte, Wee Evil Bob? Ich war einverstanden. Es hat mir richtig Spaß gemacht, Mr. Johnsons fiktives Alter Ego zu erfinden, und als das Buch fertig war, teilte ich das dem echten mit.

Die E-Mail kam als unzustellbar zurück.

Ich surfte zu seiner Website.

Es gab sie nicht mehr.

Also sah ich mich gezwungen, meinen kriminalistischen Spürsinn zu aktivieren, und fand heraus, dass die Band Belle and Sebastian seinerzeit an der Auktion teilgenommen hatte. Kurioserweise wies Peacocks E-Mail-Adresse eine gewisse Ähnlichkeit mit derjenigen der Band auf, und der Bassist der Gruppe, Stuart David, war als ziemlicher Witzbold bekannt. Er legte schließlich ein volles Geständnis ab. Ich hatte Peacock für eine reale Person gehalten, aber die ganze Sache war von A bis Z erfunden gewesen. Und nicht nur das: Stuart hatte selbst einen Roman geschrieben ... Und jetzt raten Sie mal, wie sein Protagonist hieß?

Peacock Johnson.

Offenbar können selbst literarische Gestalten mehr als eine Identität haben ...

Ian Rankin
Deutsch von Giovanni und Ditte Bandini

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  • Gesellschaftskritischer Krimi

    Von: Christine Datum: 25. November 2014

    Ein ehemaliger Soldat läuft in einer schottischen Privatschule Amok. Zwei Schüler sterben, ein dritter wird schwer verletzt – der Todesschütze erschießt sich. Was hat ihn zu dieser Tat getrieben? Inspector Rebus war ebenso wie der Schütze einst Soldat im SAS war (einer Eliteeinheit der Armee) und kennt die demütigende Ausbildung, der die Soldaten ausgesetzt sind und die darauf abzielt, ihren Willen zu brechen. Die grausamen Erfahrungen bei der Armee verfolgen Rebus auch jetzt noch wie ein Alptraum. Entsprechend misstrauisch reagiert er, als sich schon bald das Militär in die Ermittlungen einmischt und sehr schnell eine einfache Lösung für die Bluttat präsentiert. Gemeinsam mit seiner Kollegin Siobhan Clarke forscht er gegen alle Widerstände weiter und deckt einen hinterhältigen Plan auf. „Die Kinder des Todes“ ist mehr als nur ein Krimi, er beschäftigt sich auch mit einem brisanten Thema, das uns leider immer wieder beschäftigt. Ein spannendes Buch, das gleichzeitig zum Nachdenken anregt!

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Pressestimmen

  • ""Die Kinder des Todes" ist ein spannend erzählter und schlüssig aufgebauter Kriminalfall und eine hochinteressante Ermittlerpersönlichkeit." die Rhein-Neckar-Zeitung

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